[Interview] Pflegerituale - Nachhaltige Rasur mit Hobel, Klinge und Seife
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Die Kosmetikindustrie hat Männer ja nun schon länger als kaufkräftiges Klientel auf dem Schirm. Aber ganz so leicht wie wir Frauen, machen es ihr die Männer nicht. Männer sind viel kritischer und hinterfragen viel mehr, als wir. Und fast noch wichtiger ist, Männer stehen auf Funktion. Und wenn die auch noch nachhaltig ist, dann ist es perfekt.
Ich habe im April 2015 die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und meinen Mann für ein Interview zum Thema Nassrasur gewinnen können, vermutlich weil es für ihn echten Luxus darstellt und er voll und ganz hinter seiner Methode steht. Was aber nicht heißt, dass eine Nassrasur mit nachhaltigem Mehrwegequipment nicht auch was für uns Frauen ist. Egal ob Achseln, Bikinizone oder Beine.
Deshalb veröffentliche ich den "alten" Beitrag mit nachhaltigem Thema heute erneut.
Seit wann ist „die Rasur“ für Dich ein echtes Thema?
Seit ich den Spaß und die Freude daran entdeckt habe, also in den letzten 20 Jahren.
Bis dahin habe ich die üblichen Methoden und Geräte verwendet: Elektrorasierer und Naßrasierer mit Systemklingen, die üblichen Verdächtigen: "Gilette G irgendwas". Elektrisch war mir nie gründlich genug, so daß ich mich eigentlich schon immer naß rasiert habe.
Gab es einen Auslöser oder ein besonderes Erlebnis?
Keins, an das ich mich erinnern würde. Vielleicht, als die Drei- und Vierfachklingen angepriesen wurde, und damit alles, was es vorher gab, nicht mehr gut war. Die Entwicklung habe ich nicht mehr verfolgt, aber gut möglich, daß es mittlerweile 5-fach-Klingen mit Megaperls gibt.
Ich habe einfach irgendwann mal begonnen, über die Industrie dahinter nachzudenken. Wie die Kundschaft an Marken und Rasierersysteme gebunden werden soll, um dauerhaft nur Klingen zu kaufen, die nicht kompatibel zu anderen sind, ohne in irgendeiner Weise besser zu sein. Systemklingen, die - wenn man es mal durchrechnet - unverschämt teuer sind. Diese teuere Markenbindung funktioniert, weil der Rasur- und Klingenmarkt ingesamt über alle Hersteller hinweg gleich teuer ist. Mit einer Packung dieser Systemklingen konnte ich mich maximal 2 Monate rasieren, das machte im Jahr etwa 70-80€ - nur für Klingen. Wenn ich die "alten" traditionellen Klingen kaufe, bekomme ich 100 Stück in sehr guter Qualität für etwa 11 € (Amazon: B001QY8QXM), und damit rasiere ich mich zwei Jahre lang.
Das gleiche gilt für den Rasierschaum, es gibt hier im Wesentlichen drei Möglichkeiten: Sprühdose, cremige Seife aus der Tube und feste Seife im Block. Die Sprühdose macht es einem einfach. In die Hand, damit ins Gesicht und verteilen. Aber was ist sonst besser an Schaum aus der Sprühdose? Nichts, weil ich Treibmittel, Schaumstabilisatoren, etc. nicht brauche oder im Gesicht nicht haben will.
Ich benutze Seife aus einem Topf, die ich vor jeder Rasur aufschlage (mehr dazu weiter unten). Der Topf reicht etwa ein knappes Jahr und kostet soviel wie drei Sprühschaumflaschen.
Nicht, daß jetzt ein falscher Eindruck ensteht: Der finanzelle Aspekt ist nicht der primäre Treiber, aber es ist schon offensichtlich, daß die "industrielle Rasur" um einen zweistelligen Faktor teuerer als die "einfache" ist.
Wie lange brauchst Du für dieses Pflegeritual?
Während das warme Wasser ins Becken läuft (wo auch eine kleine Schüssel steht), rühre ich mit dem angefeuchteten Rasierpinsel ein wenig im Seifentopf. Davon braucht es wirklich nicht viel. In der dann vorgewärmten Schale, die ich aus dem Wasser im Becken nehme, lasse ich etwa einen Esslöffel Wasser und schlage den Schaum auf. Wenn alles angewärmt ist, steht der Schaum länger. Der wird so fest und feinporig wie Schlagsahne!
Mit dem warmen Wasser aus dem Becken wird nochmal kurz das Gesicht befeuchtet, und dann der Schaum mit dem Pinsel aufgetragen. Anschließend wird in zwei Richtungen rasiert: erst von oben nach unten, dann nochmal in Querrichtung. Nie von unten nach oben gegen den Bartwuchs, das vertrage ich gar nicht. Den Hobel wasche ich dabei immer wieder im Becken aus.
Nach kurzer Kontrolle und gegebenenfalls leichten Nacharbeiten wasche ich mir den Schaum mit kaltem Wasser aus dem Gesicht. Kalt deswegen, weil die Poren dann wieder zumachen und die Haut schon leicht erfrischt wird. Wenn alle Seifenreste weggewaschen sind, kommt das Aftershave: Ein paar Spritzer (Menge: etwa ein bis zwei Teelöffel) in die hohle Hand und dann im Gesicht verteilt, dort wo rasiert wurde. Zur Erfrischung, und vor allem zur Desinfektion. Ok, ein wenig auch deswegen, weil es verdammt gut riecht... ;-) Eukalyptus & Menthol...
Bis ich eine After-Shave-Lotion oder ein Gel auftrage, lasse ich ein paar Momente verstreichen; diese Zeit nutze ich, um den Pinsel gut auszuwaschen, auszuschütteln und hängend aufzubewahren. Der Hobel wird dann auch unter fließendem Wasser gespült (niemals gegen die Schnittkante der Klingen!). Eine eingehendere Reinigung von Seifenresten bekommt der Hobel beim wöchentlichen Klingenwechsel, das reicht. Schaum wäre immer noch reichlich da, der wird auch weggespült.
Insgesamte Dauer also maximal 8 Minuten: Zwei Minuten, bis ich den Schaum im Gesicht habe, vier Minuten für zwei Durchgänge, zwei Minuten fürs Saubermachen.
Wie oft in der Woche rasierst Du Dich so ausgiebig?
Fünf- bis sechs mal. Am Wochenende laß ich es schon mal ausfallen.
Ja... leider, Dein glatt rasiertes, wohlriechendes Gesicht ist immer so eine Freude für mich (lacht).
Hast Du für Deine Rasur ein besonders Equipment?
Ja.
Als Rasierer einen sogenannten Hobel, die es in der Preisklasse ab 20 € gibt. Meiner ist ein Merkur Futur für etwa 65 € (B000G0JZYQ). Das Spezielle dabei ist, daß man durch Drehen des Stiels die Krümmung der Klinge und somit den Anstellwinkel zur Haut verändern kann. Freilich ändert man irgendwann nichts mehr, aber man kann die Einstellung für sich passend optimieren und sie überlebt jeden Klingenwechsel.
Zum Aufschlagen und Auftragen des Schaums habe ich Dachshaarpinsel. Die sind stabil und sehr langlebig. Dafür muß man etwa 30-50 € anlegen. Mit 100 € ist man insgesamt dabei, aber dieses Equipment hält Jahre, der Hobel wohl Jahrzehnte.
Welche Pflegeprodukte verwendest Du?
Die Seife im Topf hat keine Parabene, keine Silikone, keine Mineralöle, keine künstlichen Farbstoffe.
Das Aftershave kaufe ich in der 400ml Flasche nach.
Nur zu Hause oder auch, wenn Du beruflich unterwegs bist?
Auf eine gute Naßrasur will ich auch unterwegs keinesfalls verzichten. Deswegen habe ich sowohl einen Pinsel (B005ZDD8IS) als auch einen Hobel in Reiseausführung. Rasierseife gibt es in Stangenform, die auch ewig hält (die im Bild gezeigte habe ich vor mindestens zwei Jahren gekauft). Diese Seife kann man mit drei, vier Strichen in die nassen Stoppeln geben (dort bleibt genug hängen) und dann mit dem angefeuchteten Pinsel direkt im Gesicht aufschäumen.
Die Hülle des Reise-Rasierpinsels ist gleichzeitig der Griff, im Transport-Zustand sind die Öffnungen so groß, daß der Pinsel auch mal angefeuchtet den Abreisetag übersteht.
Alles zusammen findet Platz in einer teilbaren Toilettentasche.
Gibt es irgendwelche Tricks, die Du meinen Lesern noch verraten möchtest?
Tricks? Nein, nur noch mal zusammenfassen, warum ich diesen "Aufwand" betreibe, den ich weder als solchen noch als Mühe sehe:
Ich finde erstens, daß traditionelle Tätigkeiten, die über Jahrhunderte gut funktioniert haben, nicht um jeden Preis mit Verarschungs-Marketing in andere, kostspieligere Bahnen gelenkt werden müssen.
Zweitens ist es wirklich ein Ritual, das ich genieße und das ich als ein Stück persönlichen Luxus begreife. Ich nehme mir Zeit für mich und kann in jeden Tag mit einer erstklassigen Rasur starten.
Na, dann bedanke ich mich ganz herzlich für Deine ausführlichen und gut nachvollziehbaren Antworten, lieber Rudi....
Wird bei Euch zu Hause rasiert? Trocken? Nass? Mit Schaum aus der Dose? Mit Rasiersystem? Mit Hobel, Klinge und fester Seife?
Kommt mir gut durch den Dienstag, lasst es Euch gut gehen und bleibts ma gsund
Sunny
Sunny
Hhm, das Interview zeige ich mal meinem Liebsten, der ist auch überzeugter Naßrasierer. Wird ihm gefallen!
AntwortenLöschenHier sind alles Naßrasierer . Mein Mann sagt er verträgt das trockene nicht und hinterlässt so gar Pickel . Und seid ich die Rasierseife selbst gerührt habe steht im Bad ein Keramiktöpfchen . Wo sich der Schaum in keinster Weise von dem gekauften unterscheidet . Mein Mann macht es schon immer so . Und wenn Männer gut rasiert sind ... gibt was es angenehmeres ? Den aktuellen Bart-Trend mag ich gar nicht ;)
AntwortenLöschenLG Heidi
"f" nachwerf (siehe Überschrift)
AntwortenLöschenMein Vater hatte alle Utensilien in den 60er Jahren und Männer kamen zu uns, um sich rasieren oder die Haare schneiden zu lassen.
Es geht doch nichts über eine klassische Rasur.
Gruß Swan
Toll, dass du den Rudi als Gast bei die interviewt hast. Ich finde es ist schon auch mal interessant, wie der Mann an seine tägliche Schönheit rangeht. Ok, am Wochenende fällt es ja auch mal aus ;)
AntwortenLöschenLiebe Grüße an euch zwei hübschen,
Ela
Liebe Sunny, tolle Idee mit dem Interview. Mein Mann rasiert dich auch nass, aber mit Systemklingen und fertigem Rasierschaum. Ich werd ihm das Interview mal zeigen, ist ja echt ein Preisunterschied! Er regt sich immer über die Preise der Klingen auf.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, auch an Deinen Mann, Tina
Wunderschöner Artikel. Ich liebe es, einem Mann bei der Nassrasur zuzusehen. Die Zärtlichkeit und gleichzeitige Bestimmtheit im Umgang mit sich selbst und die Erinnerung an meinen Vater, der sich ebenso wie Rudi mit Rasierseife nass rasiert hat, ziehen mich immer den Bann.
AntwortenLöschenDanke an Euch Beide für diesen schönen Beitrag.
LG Ines
Liebe Sunny
AntwortenLöschenDas hört sich sehr spannend an.
Eine glückliche und sonnige Woche wünscht Dir Yvonne
Hallo Sunny, da muss ich direkt an meinen Vater denken. Der rasiert sich auch so und vor vielen Jahren habe ich ihm mal so ein Rasierset geschenkt.
AntwortenLöschenLG Andrea
Sehr klasse. Danke für den tollen Beitrag und viele Grüße an Rudi. Sehr sympathisch.
AntwortenLöschenLG Sabine
leider ist der liebe mann in kosmetischer hinsicht ziemlich beratungsresistent. würde ihm gern den sprühschaum abgewöhnen der seine haut nur auslaugt. keine chance. vll. sollte ich ihm den link zu diesem interview schicken - männer hören ja doch eher auf männer ;-)
AntwortenLöschenxxxx
Liebe Sunny,
AntwortenLöschenich reihe mich ein in den Kreis der Frauen von sich nassrasierenden Ehemännern -
aber ich finde toll, dass dein Mann so viel Geduld aufgebracht hat für ein so langes Interview - wow -
lob ihn mal - lächel -
hab eine schöne Zeit -
liebe Grüße - Ruth
ich bin kein gutes beispiel, denn ich bin nämlich geradezu "bekloppt". man sagt auch schmeichelnd "beauty-verrückt", aber wer jemals mein bad gesehen hat, kommt gerne auf fragen zur geistigen gesundheit zurück... :-)
AntwortenLöschenlg, kk
Hallo Sunny,
AntwortenLöschendein heutiges Thema kenne ich nur all zu gut und kann deinem Mann in einigen Punkten beipflichten. Allerdings finde ich das tägliche Rasieren als reichlich nervig. Aber wenn danach das Make Up aufgetragen ist und ich ein feminines Gesicht im Spiegel erkenne, ist der "Frust" verflogen und ich beginne den neuen Tag mit frischem Elan...;-)
Liebe Grüße
Jennifer
Mittlerweile sieht es hier im Bad auch do aus. 😂 Zwei solcher Garnituren sind hier eingezogen. Kein Gejammer mehr über die Klingenpreise. Liebe Grüße Tina
AntwortenLöschenda ich den BW nie zu solch einer klassischen nassrasur übereden konnte, wird jetzt gar nicht mehr rasiert.... alle 2 wochen werden die stoppeln am kinn mit der haarschneidemaschine getrimmt - zusammen mit denen auf rübe :-D
AntwortenLöschenich hab mir mal mit opas rasierhobel die beine rasiert - fast die achillessehne durchgeschnitten - nie wieder. seitdem äusserst preiswerte no-name sicherheitsklingen, die interessanterweise viel länger scharf sind als die markendinger, also weniger wegwerf. als seife die aus aleppo - macht schienbeine wie´n babypopo :-D
xxxx
Diese Methode erinnerte mich an meinen Vater! :) Mein Mann bevorzugt die schnelle Trockenrasur.Ich bevorzuge die Dauerhafte Haarentfernung.
AntwortenLöschenEs war schön, Rudi wiederzusehen, grüß ihn schön von mir!
Liebe Grüße,
Claudia
Meine Männer rasieren trocken, ich brauche Schaum und Klingen. Alles No-Name, Hauptsache ich schneide mich nicht (alles schon passiert, autsch).
AntwortenLöschenDanke für das Interview.
Herzliche Grüße
Susan