[München] NS-Bauten, Luitpold-Torte im Café Luitpold und ein knalliges Herbstoutfit mit kurzem Puffer-Jacket
Vergangenen Sonntag haben wir nochmal das Projekt „Luitpold-Torte“ in Angriff genommen. Das Mittagessen ist für Rudi und mich ausgefallen und wir sind bei strahlendem Sonnenschein und frischen Temperaturen bereits um kurz nach eins Richtung München aufgebrochen. Geparkt haben wir in der Barer Straße (1), fast am Karolinenplatz und sind gleich zwischen den Häusern, hinter dem Genaralkonsulat des Staates Israel vorbei, durch bis zur Arcisstraße gegangen.
Das Palais Barlow oder auch Palais Größenwahn
Das heutige NS-Dokumentationszentrum (2.) haben wir geografisch südlich liegen gelassen. Genau an dieser Stelle stand vor 100 Jahren noch das Palais Barlow an der Brienner Straße. 1931 zog die NSDAP in das Gebäude und richtete hier ihre Zentrale, die NSDAP-Reichsleitung ein. Von diesem Zeitpunkt an wurde es das Braune Haus genannt und von der demokratische Presse als „Palais Größenwahn“ verspottet. Hier befanden sich unter anderem die Arbeitszimmer von Adolf Hitler und Rudolf Heß, die Oberste SA-Führung, die Reichsführung SS und die Reichspressestelle der NSDAP. Das Braune Haus wurde im Januar 1945 bei einem Bombenangriff fast vollständig zerstört. Wenn das mal kein Bull-Shit-Bingo ist.
Der Führerbau, ein klassischer Schwarzbau
In der Arcisstraße steht eines von zwei symmetrisch zur Brienner Straße (als Spiegelachse) gebauten, neoklassizistischen Gebäuden. 1937 übernahm der damals neu errichtete Führerbau die Funktion der Machtzentrale. Kleiner Fun-Fakt. Es handelte sich dabei um einen nachträglich von der Stadtverwaltung genehmigten Schwarzbau. Das Gebäude diente vor allem der Repräsentation. Hier befanden sich Hitlers Büro und die Arbeitsräume seiner Stellvertreter. Heute ist es übrigens die Hochschule für Musik und Theater (3.).
Das Münchner Abkommen
Am 30.09.1938 wurde in diesem Führerbau das Münchner Abkommen von den Regierungschefs Hitler, Chamberlain, Daladier und Mussolini unterzeichnet. Wer kein Interesse an trockener, historischer Lektüre hat, dem möchte ich den Spielfilm „München – Im Angesicht des Krieges“ mit George MacKay (bekannt aus „1917“) und Jannis Niewöhner ans Herz legen. Politisch grundsätzlich korrekt aber trotzdem unterhaltsam und spannend. Außer, dass es sich hier um einen geschichtsträchtigen Bau handelt, finde ich den Führerbau alles in allem optisch nicht besonders berauschend.
Der Königsplatz - Kulisse für den Herbsttrend "kurze Puffer-Jacket" in Knallfarbe
Also ging es weiter auf den Königsplatz (4.), wo wir mein neues Puffer-Jacket in knalligem Lila extra für Euch abgelichtet haben. Die aufregendste Herbstjacke 2022, wenn man Hapersbaazer und der Instyle Glauben schenken will. Kombiniert dazu fand ich die Zoe Lu - ganz in grün - super schön. Der Rest blieb schlicht (schwarz und weiß). Als Farbklammer durfte das hier schon gezeigte Karrée mal wieder vor die Tür.
Der Verwaltungsbau - wo Platz fehlt, wird Platz geschaffen
Aber kommen wir zurück zu den Gebäuden. Symmetrisch zum Führerbau wurde auf der anderen Seite der Brienner Straße sein Zwilling, der Verwaltungsbau errichtet. Damit das funktionierte, musste aber erst einmal Platz geschaffen werden.
Das Palais Pringsheim muss weg
1889 hatte der jüdischstämmige Mathematikprofessor, Freund und Gönner von Richard Wagner (!!!), Alfred Pringsheim mit seiner Familie die Neo-Renaissance-Villa in der Arcisstraße 12 bezogen. Dort traf sich an großen Abenden ganz München. Das Palais Pringsheim wurde bereits 1933 an die NSDAP zwangsverkauft. Das Palais wurde abgerissen und an dessen Stelle der Verwaltungsbau der NSDAP errichtet. Nur durch persönliche Beziehungen ist es der Familie Pringsheim, kurz vor knapp, noch gelungen 1939 in die Schweiz auszureisen.
Wer waren die Pringsheims?
Pringsheim? Ja. Pringsheim. 1905 heiratete der Schriftsteller Thomas Mann „Katia“ Pringsheim, die Tochter von Alfred Pringsheim und die Enkelin der Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, die übrigens bereits 1873 als eine der ersten in Deutschland das Stimmrecht für Frauen forderte.
Führerbau und Verwaltungsbau - Lagerort für geraubte Kunstgegenstände
Hitler hat die überall zusammengeplünderte Kunstgegenstände für das zukünftige Führermuseum sowohl im Verwaltungsbau, als auch im Führerbau lagern lassen. Nach Kriegsende sammelte die amerikanische Armee dort weiterhin Kunstgegenstände, die von den Nationalsozialisten konfisziert oder geraubt worden waren. Deshalb entschied man sich später wohl auch für eine spätere, kulturelle Nutzung des Gebäudes. Heute heißt der Bau Münchner Haus der Kulturinstitute (5.).
Auch hier gibt es einen wunderbaren Film „Monuments Men“ mit George Clooney und Matt Damon.
Und hier der 2. Trailer. Ebenfalls recht sehenswert.
Endlich Torte essen im Café Luitpold
Aber jetzt lasst uns gemeinsam noch das Café Luitpold (6.) besuchen. Nachdem beim
letzten Besuch (Beitrag zur Münchner Bohème) die Luitpold-Torte dort schon
„aus“ war, wollte ich es diesmal früher versuchen. Und, was soll ich sagen,
dieses Mal hatten wir tatsächlich Glück. Nicht auszudenken, wenn es keinen
oder gar nur noch
einen Kosakenzipfel
gegeben hätte.
Die Luitpold-Torte
Aber nein. Die Prinz-Luitpold-Torte besteht auch gar nicht aus „Mokka-Trüffel-Parfait und einem Zitronencreme-Bällchen“, wie der fiktive Kosakenzipfel (Loriot). Nein. Rein optisch hat die Torte tatsächlich Ähnlichkeit mit einer klassischen Prinzregenten-Torte. Nur statt mit Schokoladenbuttercreme sind die Lagen der Torte mit einer hochfeinen Creme aus französischem Weißwein, Cognac und edlem Marzipan gefüllt und der Überzug ist aus belgischer Zartbitter-Schokolade. Lecker sag ich Euch.
So, damit wills für heute genug sein lassen. Danke, dass Ihr mich wieder durch mein München und seine jüngere Geschichte begleitet habt. Kommt mir gut in den Donnerstag, lasst es Euch gut gehen und bleibts ma gsund
Sunny
In der Torte könnte mein Mann vermutlich am liebsten Baden. Er liebt Marzipan, Torten und Schokolade ...
AntwortenLöschenDanke für die Geschichtsstunde.
In der Jacke übersieht Dich niemand (sonst vermutlich aber auch nicht). Gut so!
Liebe Grüße
Ines
Man kann die Torte online bestellen. Kostet 39 €. Finde ich für eine solch leckere Torte durchaus eine Überlegung... .hmmmm... himmlisch. Ich sags Dir.
LöschenNein. Ich fühle mich selten "übersehen". OK. Wenn jemand tatsächlich gar nichts sieht... aber selbst dann. Wir haben einen Blinden, mit dem wir oft wegen der Barrierefreiheit zusammenarbeiten. Der erkennt sogar, wenn jemand beiseite tritt, wer es ist. Wow....
BG Sunny
Die Jacke und Torte ist genial. Erschrocken bin ich über die Geschichtsstunde. Google sagt mir dass Mannheim wohl eher kein Hitlerbüro hatte und viel Widerstand geleistet hat. Das passt zur Arbeiterstadt Mannem, immer Widerstand.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Tina
Freut mich, dass Dir die Jacke gefällt. Ich mag sie auch. Hatte gar nicht vor, mir eine zu kaufen. Aber ich konnte einfach nicht widerstehen und hab sie bestellt.
LöschenMünchen ist "eigentlich" auch eine "rote" Stadt. Ich glaube einfach der verlorene WK I, die damit verbundenen Zahlungen und die Weltwirtschaftskrise waren der ideale Nährboden, dass der nationalistische Gedanke wieder hochkochen konnte. Und ein schuldiger ist ja immer schnell gefunden.
Da werden wir in nächster Zeit ganz besonders aufpassen müssen.
BG Sunny
geschichte mit sunny - danke für die ausführungen! interessant, wie der lauf der welt haken zu schlagen pflegt..... und man lernt: unterschätze nie machtgeile irre.
AntwortenLöschenfalls ich mal nach münchen komme, muss ich unbedingt solch torte essen - genau mein beuteschema!
deine knallige jacke mag ich - habe tatsächlich schon nach einer in schwarz geschaut, nachdem meine alte (aus 2.hand) nun langsam zerfällt - will aber tatsächlich taillenkurz (weite röcke) und weit um die schultern und eine kapuze - ohne kunstpelz......
xxxx
Uuuh. Den Kompetenzschuh hinsichtlich Geschichte möchte ich mir nicht anziehen. Ich schreibe hier nur das nieder, was mir da aktuell für Gedanken dazu durch den gereiften Kopf schwirren.
LöschenFalls Du mal nach München kommst, melde Dich bitte bei mir/uns. Dann gehen wir nur zu gerne mit Dir in das Café. Ich könnte glatt schon wieder von der Torte naschen.
Ich fand es jetzt auch ganz gut, dass die Jacke nicht so ein langes "Monster" ist. Für die aktuellen Temperaturen passt mir das so ganz gut.
Kapuze hat sie keine. Macht aber nix.
BG Sunny
Ich möchte jetzt sofort Torte essen! Sieht lecker aus und mit Marzipan kriegt man mich immer. Die Jacke ist klasse, die Farbe leuchtet so schön. Und steht dir hervorragend.
AntwortenLöschenHamburg hat das Stadthaus... auch mit übler Geschichte. Und die Enteignung jüdischen Besitzes - ein widerliches Thema.
Liebe Grüße
Fran
Dann komm halt mal in München vorbei. Wir treffen uns. Auch zum Torteessen.
LöschenSchlimm finde ich ja, dass die Nazis, die bis 45 was zu sagen hatten und hohe Ämter bekleideten, auch nach 45 in ganz ähnlichen Positionen zu finden waren. Nur halt mit anderem Namen. Klar ist aber auch, dass man nicht plötzlich eine ganze Führungsebene austauschen kann, vor allem, wenn man ihnen "nichts nachweisen" kann.
Das Böse ist halt auch nicht weg, auch wenn man ihm den Finger mit dem Ring von der Hand schlägt.
BG Sunny
Wow, die Jacke ist ja der Hingucker schlechthin. Ich finde die Farbe absolut genial!
AntwortenLöschenMit großer Freude begleite ich euch durch die Straßen und durch die Geschichte Münchens. Es war nur ein wenig unfair, diesen wunderbaren Prinz-Luitpold-Torte zu Ende zu zeigen, was mir einfach das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ! kkkkkk
Liebe Grüße,
Claudia
Sehr schick Deine Jacke. Und Hunger kriege ich jetzt such 🍰 Ja, wenn Häuser reden könnten. Finde ich immer wieder interessant. Ich hoffe nur, so eine Zeit kommt nicht wieder.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
All diese Nazibauten machen mir immer ein ungutes Gefühl, wenn ich durch diese Straßen laufe...
AntwortenLöschenAuch wenn sie inzwischen ganz anderen und manchmal auch schönen Zwecke dienen, wie der Hochschule für Musik.
Da ist die Einkehr im Café Luitpold dann erfrischend normal und die Torte sicher oberlecker.
Hast Du den Kate Spade Laden gegenüber gesehen? Aber war ja Sonntag...
Diese lila Jacke musstest Du natürlich haben. Das verstehe ich gut! Genau Deins.
Herzlich, Sieglinde