[Korfu] Auf dem Weg nach Mykonos
Korfu? Warum jetzt plötzlich Korfu? Es sollte doch um Mykonos gehen. Ja, ich war im September 1993 auf Mykonos bzw. auf den Kykladen. Dabei war das gar nicht geplant, sondern äußerst spontan und aus der "Not" heraus geboren. Und nein. Es hat mich damals niemand gezwungen nach Mykonos zu reisen.
Vorgeschichte
Lasst mich heute also von ganz vorne beginnen. Der damalige Freund (nennen wir ihn Andi) meiner besten Freundin war Halbgrieche und seine Eltern hatten ein Haus auf Korfu. Für den Sommer 1993 war geplant, dass mein damaliger Freund (nennen wir ihn Chris) und ich 14 Tage mit den beiden auf Korfu Urlaub machen und wir vier gemeinsam im Haus seiner Eltern wohnen würden.
Unglücklicherweise hat sich Andi aber 14 Tage vor Abreise - nach 8 Jahren Beziehung - von meiner Freundin getrennt. Eine andere Frau hat ihm wohl bezüglich eines gemeinsamen Urlaubs mit ihr das Messer auf die Brust gesetzt. Also standen Chris und ich zwar mit einem Flugticket nach Korfu aber ohne Unterkunft da.
Als ich mit Netti auf Korfu war, haben wir an einem Tag mal eine Bootstour in den Norden der Insel gemacht. Daher stammen auch die Fotos vom Wasser aus auf Korfu-Stadt (6.) oder die von der türkisen Lagune im Norden (8.), die man nur vom Wasser aus erreicht. Auf dieser Bootsfahrt, sind auch diese Fotos entstanden.
Aber mit 24 ist man da ja tiefenentspannt. Genau das richtige Alter für einen Individual-Griechenland-Urlaub. Denn die Griechen sind die "Erfinder des Individualismus". Oder zumindest haben ihre Philosophen das Wort schon gekannt. Also sind wir geflogen. Vom Flughafen mit dem Linienbus "in unseren Ort" (Moraitika 1.) gefahren, den ich schon aus einem Urlaub 1987 dort kannte und haben uns ein Zimmer mit Dusche gesucht.
Erste Station Korfu
Das klappt eigentlich immer. Griechen haben ein Herz für Reisende, und wenn sie selbst kein Zimmer für Dich haben, so kennen sie immer jemanden, der eines hat. Und weil sie so herzensgut sind, fahren sie Dich auch gleich noch hin.
Wir bezogen also beim 1. Cousin von Andi ein Zimmer, mieteten beim 2. Cousin ein Moped, gingen beim 3. Cousin regelmäßig Essen und gönnten uns in der Bar des 4. Cousins den einen oder anderen Cocktail. So funktioniert das in Griechenland. Und die Leute dort haben ein unglaubliches Gedächtnis. Selbst nach 6 Jahren haben sie mich wiedererkannt. Wies den Eltern von Andi gehen würde? Wies der Freundin geht? Was? Andi hat sie sitzen lassen??? Also ehrlich.
Damit es für diesen Post auch ein paar Fotos gibt, habe ich die aus dem Jahr 1994 genommen. Da war ich nämlich mit einer anderen als der "verlassenen" Freundin gleich nochmal auf Korfu. Und da haben wir auch Fotos gemacht. Ich habe mich eben via Google Street View an den von mir markierten Orten umgesehen. Es sieht dort noch aus, wie vor 30 Jahren. Alles andere hätte mich tatsächlich auch gewundert. Ich kennen "meine Griechen". Die Texte zu den Fotos sind also auch in kursiver Schrift gehalten. Sie haben mit der 1993 Geschichte ja im Prinzip ja nichts zu tun.
So stelle ich mir immer (noch) den perfekten Strand vor. Sehr wenige Menschen. Eine kleine Taverne oder Bar. Vier Stunden dort sollten genügen. Vielleicht so von 16 - 20 Uhr. Dann ist es nicht mehr so heiß und das Licht ist mild.
Die drei Strände liegen alle in der südwestlichen Küste Korfus. Dort gibt es immer Sand und das Wasser ist in wenigen Schritten so tief, dass man losschwimmen kann. Dazu glasklar. Hier gibt es zwar sicher die eine oder andere Ferienwohnung, aber von großen Hotelbunkern haben die Korfioten diesen Teil der Insel scheinbar bis heute verschont.
Pro-Tipp:
Griechische Inseln besucht man am besten mit fahrbarem Untersatz. Wenn man hin fliegt, mietet man sich ein Moped oder einen kleinen Mietwagen. Dann kann man die kleinen, versteckt liegenden Strände der Einheimischen anfahren. Oft verrät nicht mehr als ein kleines, handbeschriebenes, verwittertes Holzschild am Straßenrand, wo die holprige Sandpiste zum Strand abzweigt. Heute, mit dem Internet, sind solche menschenleeren Strände natürlich wesentlich leichter zu finden, als noch vor 30 Jahren. Da war man tatsächlich - außer am Sonntag - sehr häufig fast ganz alleine dort. Wobei es eigentlich immer eine kleine Taverne gab und mit Sicherheit noch immer gibt. An Sonntagen haben wir den Strand immer den Griechen überlassen und uns stattdessen etwas angeschaut. Korfu bietet einige interessante Sehenswürdigkeiten. Es wird der geneigten Leserin nicht entgangen sein, dass Korfu einen eher "venezianischen Baustil" aufweist und auch viel grüner ist. Das hat mit den griechischen Postkarteninseln der Kykladen in der Ägäis nichts zu tun. Optisch und geografisch.
Zweite Station Athen bzw. Piräus
Nach einer knappen Woche hatten wir dann genug Korfu-Luft geschnuppert. Anfang September wird es da schon mal unbeständig und gewittrig. Also haben wir den Einheimischen-Überlandbus nach Athen genommen und sind mit der Fähre von Piräus nach Paros übergesetzt. Das ging natürlich nicht so unkompliziert, wie sich das jetzt anhört. Der Busfahrer schickte uns um 3:30 Uhr irgendwo im Nirgendwo bei Athen in die Nacht. Ein Taxi zu bekommen war fast unmöglich. Handy gab es 1993 noch nicht. Und eine Telefonzelle gabs auch nicht. Die griechischen Reisenden wurden von Verwandten abgeholt. Außer Chris und mir waren nur noch zwei andere, junge Touristen im Bus.
Was also tun? Wir wollten ja nach Piräus. Das waren ungefähr 14 km vom Busbahnhof zum Fährhafen. Irgendwann kam dann doch ein Taxi. Ich schließe nicht aus, dass der Busfahrer Mitleid hatte und einen Freund geschickt hat. 50 DM!! Wollte der Taxifahrer für die 14 km haben. Aber dem habe ich was erzählt. Ich war so aufgebracht. "Halsabschneider", "schlechtes Karma", "Touristennepper". Ich bin sicher, er hat kein Wort verstanden. Ich habe mich dann schmollend mit meinem Rucksack auf den Randstein gesetzt. Drama Baby. Das kann ich. Wenn ich muss. Und es hat funktioniert. Die Griechen haben ja nicht nur den "Individualismus" erfunden, sondern auch das "Drama".
Nach einigem Hin- und Her hat er uns dann für 20 DM an den Hafen gefahren. Und noch eine Tüte Obst geschenkt. Sooo macht man das. Und so wollen sie es auch, die Griechen. Lasst Euch nicht alles gefallen. Macht ein Drama. Heult von mir aus. Dann kann man sich einigen und alle behalten ihr Gesicht.
Damit will ich für heute den Post beschließen. Beim nächsten Mal sehen wir uns dann auf Paros wieder. Bis dahin, lasst es Euch gut gehen und bleibts ma gsund
Sunny
Guten Morgen Sunny, Deine Griechenlandliebe ist tief verwurzelt. Schön die Geschichten von damals. Na ja vielleicht nicht dass Andi sich von Deiner Freundin so kurz vor eurem gemeinsamen Urlaub getrennt hat. 😜Aber ihr habe es gemeistert. 😁
AntwortenLöschenEinen schönen Mittwoch, liebe Grüße Tina
Die Trennung war natürlich insgesamt ein Drama. Ich würde sagen sie war danach bestimmt 9 Monate richtig "Liebeskrank" und hat wahrscheinlich 20 kg abgenommen. Ich saß unzählige Abende auf ihrem Sofa und habe mir viel angehört. Die Nummer mit dem Urlaub war im Prinzip erst der Anfang. Obwohl bei so was immer zwei dazu gehören. Ich habe es ihm dann auch gesagt, ich hege keinen Groll, das ist Eure Sache. Aber das mit dem Urlaub, das hätte nicht sein müssen. "Gib zu, das ist Dir doch nicht erst gestern eingefallen." Nein. Natürlich nicht. Aber wäre er mit uns gefahren, wäre die "Neue" abgesprungen. Und das zurecht. Er ist soweit ich weiß seit 1995 mit der "Neuen" verheiratet.
LöschenBG Sunny
Wie schön sind doch Erinnerungen, nicht wahr? Erinnerungen an eine wunderbar unvergessliche Vergangenheit mitzunehmen ist eines der schönsten Dinge an der Gegenwart! Vielen Dank für eine weitere erlebnisreiche Reise zu den griechischen Inseln. <3
AntwortenLöschenAber der beste Teil des Textes war: „Lasst Euch nicht alles gefallen. Macht ein Drama“ - Das funktioniert in (fast) jedem Winkel der Welt! LOL Klasse! :)))
Liebe Grüße,
Claudia
Ich glaube, Du sprichst da aus Erfahrung? Es wird in Brasilien nicht anders sein mit dem Drama, wie in Griechenland. Wir Deutschen sind ja immer so aufs toughe Durchsetzen getrimmt. Nur keine Schwäche oder Emotion zeigen. Wo anders geht das eben anders.
LöschenIch vermute das funktioniert in Griechenland so gut, weil die irgendwie darauf gepolt sind dem Schicksal oder auch den Göttern nein Schnippchen schlagen zu wollen und das unvermeidliche abwenden zu können. :-))
BG Sunny
Dass Du den Sonnenaufgang lieber vor als nach Schlafen ansiehst, passt! Die Drama-Geschichte vom Ende kann ich mir bestens vorstellen. Ich kenne nur wenige Griechen, aber eins sind die alle: hoch emotional.
AntwortenLöschenDiese kleinen Einblicke in die Vergangenheit mag ich.
Sonnige Grüße
Ines
Freut mich, wenn ich Dich mit meiner Story aus längst vergangenen Tagen unterhalten konnte. Es ist auch für mich nett, die Emotionen nochmal zu spüren, die ich damals hatte.
LöschenBG Sunny
Tolle Erinnerungen. Na, bis auf Andi! Tststs....
AntwortenLöschenJa, gute Tragödie und gute Komödie, das ist großes Theater. Dass Du Drama kannst, habe ich mir schon gedacht. Ganz griechisch.
Vielleicht wirds doch mal wieder Zeit dafür...
Fränkische Grüße von Sieglinde
Ja mei, der Andi... :-) Mit der nötigen Erfahrung und nüchternem Abstand würde ich sagen, man hätte es kommen sehen MÜSSEN. Aber Alltag macht halt auch Blind. Wir waren in dieser Zeit fast jeden Tag alle zusammen, über Jahre. Und die Menschen und Dinge waren eben wie sie waren. Ob er sie als "gut" empfunden hat. Aus der Nachschau wohl nicht. Sie hat ihn unbewusst "hingehalten", es war halt bequem und er war ein guter Kerl. Und dann kam eben eine, die ihn mehr zu schätzen wusste. Oder das "Schätzen" besser vermitteln konnte.
LöschenEs ist immer Zeit für Griechenland. Aber es wird geduldig auf mich warten. I'm sure.
BG Sunny
Da kamen doch bestimmt Emotionen hoch, als du den Text verfasst hast. Allein schon die "alten" Bilder anzuschauen macht Spaß. Die Geschichte dahinter kann man nur erahnen. Dass du Drama kannst glaube ich dir sofort. Ich wünschte manchmal, ich könnte es auch in solchen Situationen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
Oh, spannende Erinnerungen, liebe Sunny - und selbst das, was sich damals nicht so toll angefühlt hat, ist heute eine Story, an die man gerne zurückdenkt, gell? Geht mir jedenfalls so mit meinen früheren Abenteuern. Erfreulich, dass sich Andis Cousins - trotzdem er nicht mit war - um euch "gekümmert" haben. Die Sache mit dem Drama hätte ich vermutlich auch gekonnt - immer vorausgesetzt, ich hätte gewusst, dass das in Griechenland "zieht". Jetzt weiß ich es, und falls wir mal wieder in dieses Land kommen, werde ich mich daran erinnern. Korfu ist schon ab Anfang September wettermäßig nicht mehr gut? Auch wichtig zu wissen, denn als wir 2007 mit dem Kreuzfahrtschiff auch dort angelegt haben (und übrigens außerdem auf Mykonos) fanden wir es dort sehr schön und reizvoll und durchaus so, dass ich Lust auf einen längeren Aufenthalt irgendwann mal bekam... Was aber bis jetzt noch nicht funktioniert hat... wel wir ja dauernd neue Flecken auf der Welt entdecken "müssen" ;-))
AntwortenLöschenAlles Liebe, Traude
https://rostrose.blogspot.com/2024/08/kelten-katzen-und-mehr-sommer.html
Hach ja, diese Storys haben wir doch alle... bei mir war's Süditalien, bei dir Griechenland. Drama geht aber in Italien auch, übers Ohr hauen wollen einen die dortigen Taxifahrer ebenfalls, haha. Ein paar deftige Flüche kann ich auch noch auf italienisch... hihi. Ich finde auch, bis ca. 30 war man tiefenentspannt... großer Gott, heute würde ich teilweise durchdrehen, damals hab ich mir überhaupt keinen Kopf um nix gemacht. Keine Kohle, kein Plan, kein Hirn. zumindest sollte man's teilweise meinen - aber völlig sorgenfrei durch die Welt mäandert...
AntwortenLöschenSchöne Erinnerungen... und sehr nett erzählt. Und den griechischen "Geist" hast du gut getroffen, finde ich.
Liebe Grüße, Maren